Taiji Quan - Waffen

Der Weg ist das Ziel

Im Prinzip kann ja alles mögliche als Waffe eingesetzt werden. Besonders hinterhältig und gefährlich seien hier als Beispiel Stöckelschuhe genannt ...

Aus Sicht des Taiji Quan ist es ziemlich egal, was als Waffe eingesetzt wird. Wesentlich ist, auf welche Art und Weise der jeweilige Gegenstand, der als Waffe genutzt werden soll, geführt wird. Die bekanntesten Waffen des Taiji Quan:

Stock | Fächer | Schwert | Säbel | Doppelwaffen

Stock (Gun)

Was war wohl die allererste Waffe in der Menschheitsgeschichte? Es kann nur ein Stock oder ein Stein gewesen sein, denn sonst gab es noch nichts. Selbst die Steinschleuder kam erst viel später ...

Die weltweite Verbreitung des Stockes als Waffe bringt auch eine entsprechend große Vielfalt an Stockkampfformen mit sich. Die Stock-Länge variiert dabei (z.B. 13cm japanisches Kubotan, 60cm phillipinische Eskrima oder 3m-Stock beim Shaolin Kung Fu). Durch die unterschiedlichen Längen ergeben sich auch unterschiedliche Möglichkeiten bzw. Einschränkungen, wie der Stock geführt werden kann.

Im Taiji Quan werden hauptsächlich 3 Stocklängen genutzt:

  • Gehstock

    (ca. 80-90 cm bzw. Hüfthöhe, Walking Stick, Tai Chi Cane ...)

  • Kurzstock / 13-Faust-Stock

    (ca. 110-128cm bzw. Achselhöhe, Shen, Shinsanba, Qin Mei Gun ...)

  • Langstock

    (ca. 180cm bzw. Augenbrauenhöhe & darüber)

(Anm.: 13 Faust = bezogen auf die 13 Grundbewegungen des Taiji Quan)

Als Stock-Material wird meist Eichenholz oder Rattan mit einem Durchmesser ∅ 2,5-3,5 cm genutzt, ein Besenstiel aus Buche reicht aber auch für den Anfang ;-)

Der Stock bildet die Basis für alle Langwaffen (Länge >2m) wie z.B. Speer, Hellebarde und Lanze (die mit bis zu 7,5m zu den längsten Waffen zählt).

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Fächer (Shan)

Es gibt verschiedene Arten von Fächer (Falt-Fächer, Rund-Fächer, Palmwedel ...), für Kampfkünste wird der faltbare Fächer verwendet. Belegt sind chinesische Falt-Fächer aus der Song-Dynastie, eine große Verbreitung erfuhren sie aber erst in der Ming-Dynastie.

Der Fächer wurde für vieles verwendet: als Luft-Wedel, als Ziergegenstand, als Zeichen für eine bestimmte Standeswürde, als Buch, Brief, Signalgeber bei Schlachten oder eben als Waffe. Manche Fächer verfügten über zusätzlichen Stauraum an den beiden Außenstreben für diverses Zubehör (z.B. Stift, Pfeil ...).

Der Fächer als Waffe ist in ganz Asien bekannt und wird z.B. auch von manchen koreanischen Taekwondo-Schulen gefördert. Der faltbare Kriegsfächer mit Metallstreben wurde gern von japanischen Samurai verwendet (jap.: Tessen). Doch meist wird ein Fächer ohne Metall verwendet - richtig eingesetzt kann man auch mit einem einfachen Rattan-Fächer einen Gegner besiegen. Auf chinesischer Seite sind vor allem die Fächerkünste der Shaolin bzw. der Chen-Familie bekannt.

Der Fächer ist eher eine schwache Waffe, dafür kann man einen Fächer auch heutzutage noch nahezu überallhin mitnehmen (vorausgesetzt, er ist metallfrei). Fehlende Stärke bzw. Größe muß mit Können ausgeglichen werden, weshalb der Fächer zu den anspruchsvollsten Waffen zählt. Wer jedoch den Fächer beherrscht hat meist den Vorteil auf seiner (ihrer) Seite.

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Schwert (Jian)

Im Buddhismus gilt es als Symbol für Weisheit, das den Zweifel teilt und zur Wahrheit führt. Im Daoismus/Taoismus ist es u.a. eine Waffe gegen Dämonen.

Wissenschaftlich bestätigt sind chinesische Bronze/Kupferschwerter seit der Shang-Dynastie, auch Schwerter aus Jade sind belegt. In manchen Dynastien gab es durchaus Unterschiede zwischen einer zivilen Waffe und einer militärischen Waffe:

  • Ziviles Schwert ⇒ kürzer, an der Spitze (Feng) abgerundet
  • Militärisches Schwert ⇒ länger, größer, schwerer, an der Spitze (Feng) abgeschrägt
Im militärischen Bereich wurde das Schwert aufgrund des größeren Aufwands (Material, Zeit, Kosten) bei der Herstellung und dem Training schon bald zur Offizierswaffe, der gewöhnliche Soldat wurde mit dem vom Aufwand her wesentlich "günstigerem" Säbel ausgestattet.

Während der Qing-Dynastie wurden einige kleine Hofschwerter als Belohnung für Würdenträger geschmiedet bzw. dienten als eine Art Pass für fremde Reisende.

Gewicht:
Wie bei den europäischen (normal langen) Schwertern auch liegt das Gewicht eines chinesischen (normal langen) Schwertes zw. 0,7 und 1,5 kg. Leichte Varianten werden vor allem für anspruchsvolle Wushu-Vorführungen genutzt.

Länge:
Zur ungefähren Bestimmung der richtigen Länge eines "normal" langen Schwertes kann man folgende Faustregel nutzen: Steht das Schwert am Boden, so sollte der Knauf auf ca. Nabelhöhe enden.

Balancepunkt:
Ja, wo liegt der richtige? Als Faustregel wird ein Punkt nach dem 1. Drittel von der Mitte des Handgriffs aus angegeben. Das Problem dabei ist, dass sich der richtige Balancepunkt nach der angewandten Technik richtet (Schwerpunkt Stich = näher an der Hand, Schwerpunkt Hieb = näher zur Spitze). Fazit: Trainer fragen & das eigene Gefühl hierfür erforschen. Liegt das Schwert gut in der Hand ist schon mal die größte Hürde genommen ...

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Säbel (Dao)

Unterschiede zum Schwert (Jian):

  • Säbel sind seit der Xia-Dynastie belegt
  • Es ist nur eine Seite der Klinge geschärft
  • In manchen Ausführungen viele Kilo schwer
Allein vom chinesischen Säbel gibt es mehr als 120 mögliche Variationen. Die ältesten bestehen aus Steine, die zur Schneide geformt an einen Holzstock gebunden wurden. Inspiriert durch mongolische Reitersäbel entwickelte sich die einhändig geführte Waffe. Ein Säbel kann sehr gebogen, aber auch fast so gerade wie ein Schwert sein. Ebenso kann ein Säbel sehr breit oder sehr schmal sein.

Die Variation richtet sich nach dem Schwerpunkt im Gebrauch: Ein Reitsoldat bevorzugte aufgrund seiner erhöhten Position einen gebogenen Säbel, da er damit "flüssiger" als mit einer geraden Waffe agieren konnte. Dies reduzierte die Gefahr, die Waffe im Kampfgetümmel zu verlieren. Für einen Fußsoldaten ergab sich die ideale Variation je nachdem, in welcher Linie er stand. In vorderster Linie waren z.B. oft Soldaten mit breiten Doppelsäbel im Einsatz da sie sehr effizient eine Bresche in die feindlichen Linien schlagen konnten.

Der einhändig zu führende Säbel

Am bekanntesten ist hier das Niu Wei Dao, das als "Oxtail Saber" auch außerhalb Chinas sehr beliebt ist. Auch die bekannten Schmetterlingsmesser (Hu Die Dao) sind Säbel. Somit ist klar: Säbel gibt es (wie das Schwert auch) in sehr unterschiedlichen Längen ...

Durch die nur einseitig geschärfte Klinge ergeben sich andere Techniken wie beim Schwert. Manche Säbel verfügen über einen Ring am Ende des Handgriffs, was weitere Techniken zuläßt. Für Wushu-Vorführungen werden Säbel mit (teilweise sehr) flexibler Klinge verwendet. Ziel ist, durch den Kraftfluß aus dem Dantian heraus den Kraftaustritt aus der Säbelspitze mit einer Art Peitschenknall anzuzeigen.

Da ein Fußsoldat sich im Kampf auch immer wieder gegen Langwaffen wie den Speer verteidigen mußte lag einer der Schwerpunkte beim Säbel-Training auf entsprechende Abwehr- und Angriffs-Techniken.

Balancepunkt = siehe Schwert

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Doppelwaffen

Ob Stock, Schwert, Fächer oder Säbel: alle können auch als Doppelwaffen eingesetzt werden. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe anderer Doppelwaffen wie z.B. die Mandarinentensichel (Mondsichel, Yuan Yang Yue) oder die Doppeltigerhaken (Sern Au).

Das Erlernen einer Doppelwaffe setzt sehr gute Koordinationsfähigkeiten voraus. Idealerweise erlernt man zuerst die Einzelformen und nutzt diese als fundierte Basis für die Doppelformen. Die Techniken zwischen Einzel- und Doppelwaffe können sich in sehr starkem Maß unterscheiden.

Ob Einzelwaffe oder Doppelwaffe: Welche Variante vorteilhafter ist hängt letztlich immer von demjenigen ab, der die Waffe führt. Wie eingangs schon erwähnt: Aus Sicht des Taiji Quan ist es ziemlich egal, was als Waffe eingesetzt wird ...

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© 2025 Lydia B.A. Schwarz   e-mail  

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